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Es ist wieder soweit – wir (NGAWiss & ver.di) laden Euch herzlich zum bundesweiten Netzwerktreffen 2022 ein. In diesem Jahr steht das Thema ‘Evaluation des WissZeitVG’ auf der Agenda, aber wir wollen mit euch ebenso über Möglichkeiten der Erneuerung der Personalstrukturen an den unterschiedlichen Hochschulstandorten sowie über eine Stärkung internationaler Kolleg:innen (AG Precarious International) sprechen. Gleichzeitig wollen wir unser diesjähriges Treffen nutzen, um den 5. Geburtstag von NGAWiss gebührend zu feiern und über bisherige Arbeit, Aktionen und Entwicklungen zu reflektieren.

Wir freuen uns ganz besonders auf die gemeinsame Diskussion mit Sonja Staack (ver.di), Stefani Sonntag (GEW) und Kristin Eichhorn (#IchbinHanna).

Zeit: 26. Mai 13:00-19:00 || 27. Mai 10:00-16:00

Ort: ver.di Bundesverwaltung (Paula-Thiede-Ufer 10, 10179 Berlin)

Programm

DONNERSTAG 26.5.2022

  • 13:00 Ankommen & Einführung
  • Kaffee & Markt der Möglichkeiten
    • Initiativen lernen sich gegenseitig kennen und stellen sich vor
    • Mobilisierung auf Twitter: #ichbinHanna und #95vsWissZeitVG & Bücher dazu
    • Argumentationshilfen für bessere Arbeitsbedingungen in der Wissenschaft
    • Leitfaden: Wie gründe ich eine Mittelbau-Initiative?
    • How To Slack
    • evtl.: DFG-Fachkollegienwahl
  •  Input & Diskussion: Was macht der Koordinationskreis?
    • NGAWiss-Evaluation des WissZeitVG: Zentrale Erkenntnisse
    • zweite Vereinsgründung
  • Evaluation des WissZeitVG
    • Diskussion mit Sonja Staack/ver.di & Stefani Sonntag/GEW: Strategien gegen das WissZeitVG
  • Fishbowl (fluides Podium) Mobilisierung gegen schlechte Arbeitsbedingungen über Twitter hinaus
  • 19:00 Ende des Programms & anschließend Essengehen

Ab ca. 19:30 möchten wir gern mit euch in einer fußläufig erreichbaren Lokalität essen gehen. Bitte gebt bei der Anmeldung an, ob ihr dabei sein wollt! (max. 30 Personen)

FREITAG 27.5.2022

  • 10:00 Ankommen
  • Was brauchen die lokalen Initiativen vom NGAWiss-Koordinationskreis?
  • Personalmodelle: Implementierung von entfristeten Stellen
    • Strategien gegen die Implementierung von Hochdeputatsstellen
  • Precarious International – wie kann die politische Arbeit in besonders prekarisierten Bedingungen gelingen?
  • Quiz: Wie werde ich Revolutionär:in?
  • 16:00 Ende

 

Formalia

Anmeldung: Die pandemiebedingten Vorgaben erlauben eine maximale Teilnehmendenzahl von 49 Personen. Für eine bestmögliche Planbarkeit bitten wir um verbindliche Zusagen bis 9.5.2022 an manuela.kuschel@verdi.de.

Corona: Aktuell gelten im ver.di-Haus folgende verbindliche Regeln: 2G & Maskenpflicht

Anreise: Eine zentrale Erstattung von Reisekosten erfolgt nicht. Gewerkschaftsmitglieder erhalten im Einzelfall eine Reisekostenerstattung. Wendet Euch dazu am besten direkt an Eure örtlichen Ansprechpartner:innen bei Eurer Gewerkschaft. Sofern Ihr ver.di-Mitglied seid könnt ihr Eure Bedarfe und Rückfragen auch per Mail formulieren. Bitte beachtet, dass es bei Supersparpreisen der Bahn keine Stornomöglichkeit gibt, und bucht daher ggf. den Sparpreis (nicht den Supersparpreis).

Übernachtung: Falls ihr eine Übernachtung benötigt, gebt dies in der Anmeldung an und wir helfen bei der Vermittlung kostengünstiger und nahegelegener Unterbringungsmöglichkeiten. Übernachtungskosten können nicht übernommen werden. Mögliche Kostenerstattungen können ebenfalls bei Eurer Gewerkschaft erfragt werden.

Ihr habt Anregungen und Themen, die ihr gern vor Ort einbringen wollt? Dann meldet euch gern bis zum 9. Mai 2022 bei mail@mittelbau.net.

Wir freuen uns sehr, diese Veranstaltung als Kooperation von NGAWiss & ver.di auszurichten.

NGAWiss – soviel Bescheidenheit sei erlaubt – hat das Feld wissenspolitischer Kämpfe nicht nur des Mittelbaus massiv verändert. Der Mittelbau hat nun – endlich – eine Vertretung und ein Sprachrohr. Entstanden aus der Analyse, dass für solidarische Kämpfe der Beschäftigten im Hochschulbereich noch fast alle Voraussetzungen fehlten, geht das Netzwerk nun in sein sechstes Jahr. Die ursprüngliche Idee: “Endlich kollektiv handlungsfähig werden – Aufruf zur Vernetzung des akademischen Mittelbaus” Diesem Gründungsaufruf Ende 2016 folgte im Januar 2017 das Gründungstreffen in Leipzig. Der anfängliche Gedanke hat sich nicht verändert:

Im Mittelbau der deutschen Hochschulen und Forschungseinrichtungen rumort es, aus uns allen nur zu bekannten Gründen. Doch die Organisierung und Vernetzung von Mittelbauinitiativen ist bisher noch gering, viele Initiativen arbeiten isoliert voneinander. Es fehlt eine Struktur, die Mittelbauinitiativen, Fachgesellschaftskampagnen und Akteure aktueller lokaler Auseinandersetzungen vernetzt, um kollektiv und bundesweit handlungsfähig zu sein. Mit diesem Aufruf wollen wir den Prozess unserer Vernetzung beginnen. Wir versprechen uns davon viel: mindestens gemeinsame Öffentlichkeitsarbeit und Kampagnenfähigkeit, vielleicht sogar Streikfähigkeit. Auch die Kooperation mit unterstützungswilligen Fachgesellschaften, Professor_innen und Studierenden würde wesentlich leichter, wenn der Mittelbau in der Lage ist, seine vielen Stimmen zu bündeln und zu multiplizieren.

Was ist seitdem nicht alles passiert: die Anzahl der Mittelbauinitiativen ist stetig gewachsen und das Netzwerk verbindet sie (ideell und – ausbaufähig – organisatorisch). Für gemeinsames Handeln, Wissenstransfer, Reflexion und Solidarität besteht nun ein Rahmen; mit anderen wichtigen Akteuren im Feld, namentlich den Gewerkschaften, gibt es etablierte und überwiegend vertrauensvolle Kooperationsbeziehungen. Wir sind Ansprechpartner für Presse und Institutionen und haben unseren Teil dazu beigetragen, dass die Anliegen des Mittelbaus stetig auf der Agenda stehen: mit der Kampagne “Frist ist Frust” (mit GEW und ver.di) oder den von uns mit getragenen Twitterkampagnen von #frististfrust bis #ichbinhanna. Einen Abriss unserer bisherigen Arbeit gibt’s hier.

Doch es gibt nicht nur Grund zu Optimismus: unsere Erfolge bleiben bisher primär symbolischer Natur. Und weiterhin ist das Netzwerk eine prekäre Struktur aus prekären Initiativen von prekären Wissenschaftler*innen. Überlastung, offene Baustellen, noch-anzugehende Pläne sind unser Tagesgeschäft. Aber dem widmen wir uns weiter.

Ihr habt Lust mitzumachen? Am Lehrstuhl/an der Uni drückt der Schuh (was Personal oder Finanzen angeht)? Ihr sucht Anschluss an wissenschaftspolitische Initiativen und Interessenvertretungen? Ihr braucht Support beim Aufbau einer lokalen Mittelbau-Gruppe oder einer Kampagne? NGAWiss freut sich über Engagement und Unterstützung! Kontaktiert uns per Mail.
Wir sind auf euren Support angewiesen. Der Verein zur Förderung von Wissenschaft und Forschung e.V. (FWF) freut sich über Spenden und Mitglieder, wodurch wiederum auch unsere Arbeit an Projekten und Aktionen finanziert werden kann.

We are many, they are few!

Die guten Arbeitsbedingungen kommen –
aber nicht von allein!

In der Hochschulrektorenkonferenz treffen sich zwei Mal im Jahr die Rektor:innen und Präsident:innen der staatlich anerkannten Hochschulen Deutschlands. Die selbst ernannte „Stimme der Hochschulen“ hat bisher wenig zur Verbesserung der Arbeitsbedingungen von #IchbinHanna und #IchbinReyhan beigetragen. Vielmehr sind es – bis auf wenige Ausnahmen – meist die Hochschulen selbst, die substanzielle Verbesserungen blockieren.

Mit unserem Adventskalender schenken wir der @HRK_aktuell in diesem Jahr 24 konkrete Vorschläge zum Anpacken & Mitmachen. Verbessern Sie die Arbeitsbedingungen an den 268 Mitgliedshochschulen der HRK!

Adventskalender auf Twitter: hier.

#IchbinHanna #IchbinReyhan #FrististFrust #HRKAdvent

      2. Türchen

     

     
Die Stellungnahme des Paderborner Senats finden Sie hier.

     

     

     

     

     

     
Den HRK-Beschluss „Gute Rahmenbedingungen für Studium und Lehre“ vom 16.3.21 finden Sie hier.

     

     

     

Erklärung zum neuen Berliner Hochschulgesetz

Am 2. September wurde im Berliner Abgeordnetenhaus eine Novelle des Hochschulgesetzes zur “Stärkung der Berliner Wissenschaft” (BerlHG) beschlossen. Ziel der rot-rot-grünen Regierungskoalition war es, mit diesem Gesetz die prekären Arbeitsbedingungen wissenschaftlich Beschäftigter, wie sie unter den Twitter-Hashtags #IchbinHanna und #IchBinReyhan vielfach dokumentiert sind, zu verbessern. Das neue Gesetz schreibt nun vor, dass mit promovierten Mitarbeiter:innen auf einer Qualifikationsstelle (PostDoc mit Ziel der Habilitation o. ä.) eine Anschlusszusage (tenure track) vereinbart wird.

Sofern die wissenschaftliche Mitarbeiterin oder der wissenschaftliche Mitarbeiter bereits promoviert ist und es sich bei dem im Arbeitsvertrag genannten Qualifikationsziel um eine Habilitation, ein Habilitationsäquivalent, den Erwerb von Lehrerfahrung und Lehrbefähigung oder um sonstige Leistungen zum Erwerb der Berufungsfähigkeit gemäß § 100 BerlHG handelt, ist eine Anschlusszusage zu vereinbaren.

Als Reaktion auf das neue Gesetz kam es – wie zu befürchten war – zu einer erneuten Verschlechterung der Situation der befristet Beschäftigten: Die FU Berlin beschloss, vorerst keine neuen Post-Doktorand:innen einzustellen und darüber hinaus laufende Verträge (die von dem Gesetz nicht betroffen sind, da sie ohne gesetzliches Anrecht auf tenure track befristet bleiben) nicht zu verlängern. Selbst tariflich fest etablierte Verlängerungen wie Erziehungszeiten waren kurzzeitig ausgesetzt. Und auch wenn die offiziellen Bestätigungen noch fehlen, hört man von den an HU und TU Beschäftigten Vergleichbares.

Dieses neue Gesetz ist gut gemeint, scheitert aber strukturell, wodurch drei Dinge deutlich werden:

1. Das neoliberale, auf Verwertung und Kostenersparnis ausgerichtete universitäre System ist jederzeit in der Lage, Gesetze zur Verbesserung der Arbeitsbedingungen zu seinen Gunsten zu adaptieren und schreckt nicht davor zurück, die Schwachen im System weiterhin strukturell und wissentlich auszubeuten.

2. Anstatt die Situation für die befristet beschäftigten Mitarbeiter:innen zu verbessern, weisen sich die Universitäten, die Länder und der Bund gegenseitig die Schuld zu, um nicht handeln zu müssen. Sobald eine:r der drei Akteur:innen einen Änderungsvorschlag macht, arbeiten die beiden anderen dagegen an.

3. Den Parteien fehlte und fehlt es weiterhin an hochschulpolitischer Kompetenz und Phantasie, die lange bekannten Probleme mit sinnvollen Maßnahmen zu bekämpfen.

Der Tatsache, dass der Einstellungs- und Verlängerungsstopp von PostDocs medial als Folge des Hochschulgesetzes firmiert, kann nur widersprochen werden: Die GEW sieht es als gegeben an, dass es im Gesetz Übergangsregelungen gibt, die begonnene Verwaltungsverfahren – und damit “Sofern die wissenschaftliche Mitarbeiterin oder der wissenschaftliche Mitarbeiter bereits promoviert ist und es sich bei dem im Arbeitsvertrag genannten Qualifikationsziel um eine Habilitation, ein Habilitationsäquivalent, den Erwerb von Lehrerfahrung und Lehrbefähigung oder um sonstige Leistungen zum Erwerb der Berufungsfähigkeit gemäß § 100 BerlHG handelt, ist eine Anschlusszusage zu vereinbaren.” Einstellungen und Verlängerungen – nicht betrifft. Dieses Vorgehen ist weniger als Konsequenz, denn als Protest zu werten: Ein Protest auf dem Rücken der prekär Beschäftigten, die das neue Hochschulgesetz – und übrigens eigenen Aussagen zufolge auch alle im Bundestag vertretenen Parteien – schützen möchte.

Die Prekarisierung der ohnehin prekär Beschäftigten wird durch diese Reaktion der FU unverhältnismäßig verstärkt: Weder dem vielbeschworenen Wissenschaftsstandort Berlin noch der durch die Parteienlandschaft hindurch als Ziel formulierten Stärkung des akademischen Mittelbaus kann daran gelegen sein, dass das Qualifikationsziel Promotion direkt in die Arbeitslosigkeit führt.

Es ist Aufgabe der Hochschulleitungen und Rechtsabteilungen, vor Inkrafttreten des Berliner Hochschulgesetzes, Konzepte zur Personalverantwortung und -planung vorzulegen. Dieser Verantwortung sind sie nicht nachgekommen. Die Verwaltungen an den Universitäten zeigen derzeit weder das nötige rechtliche Wissen noch den Willen, die vorhandenen gesetzlichen Regelungen für die Angestellten auszulegen – ein Problem, das schon bei der korrekten Berechnung der Vertragslaufzeiten beim WissZeitVG mehr als deutlich hervortrat.

Die Berliner Hochschulen müssen den durch das BerlHG formulierten Auftrag ernst nehmen. Zugleich müssen auch Bund und Länder in die Pflicht genommen werden: Seit 20 Jahren werden die Mittel der Universitäten gekürzt, was als Vorwand dient, die vorhandenen Haushaltsstellen im Mittelbau kontinuierlich abzubauen. Die anfallenden bzw. anwachsenden Daueraufgaben wurden auf Mitarbeiter:innen, die prekär auf kostengünstigen, nur kurzzeitig finanzierten Stellen beschäftigt sind, verteilt.

Trotz des Rücktritts von Sabine Kunst verteidigt ihre Kollegin Jule Specht die Reform und sieht in ihr sogar Perspektiven für Promovierte. Ein weiterer HU-Kollege, Steffen Mau, bringt eine Neuordnung der universitären Kapazitätsberechnungen ins Spiel. Lassen sie uns diesen Diskurs für einen nachhaltigen Umbau des Wissenschaftssystem jenseits rechtlicher Schritte weiterführen, die das Potential besitzen, erneut befristete und unbefristete Mitarbeiter:innen gegeneinander auszuspielen. Lassen sie uns am Narrativ festhalten, gemeinsam diese Reform gestalten zu können und andere Landesparlamente dazu zu ermutigen, ihre überholten Landeshochschulgesetze ebenfalls langfristig und in Zusammenarbeit mit allen Stakeholdern
zu reformieren.

Daher fordern wir:
– Schaffung von mehr Dauerstellen im Mittelbau
– die dauerhafte Aufstockung der universitären Haushalte
– die Aufhebung des Einstellungs- und Verlängerungsstopps von promovierten
wissenschaftlichen Mitarbeiter:innen

AG Arbeitsbedingungen Kunstwissenschaft (AG AK)
Ulmer Verein

NGAWiss
Netzwerk für gute Arbeit in der Wissenschaft

Der Rücktritt von Sabine Kunst als Präsidentin der Humboldt-Universität Berlin stellt eine Art praktischen Kommentar zum neuen Berliner Hochschulgesetz (BerlHG) dar. Das bundesweit erste Gesetz, das die miserable Beschäftigungslage des nichtprofessoralen wissenschaftlichen Personals ernsthaft zu verbessern verspricht, qualifiziert die Ex-Präsidenten in ihrer begleitenden, rasch verbreiteten Stellungnahme als „gut gemeint, aber schlecht gemacht“ ab. Der Schritt von Kunst ist bereits breit kommentiert worden. Professor*innen der HU, weitere Hochschulleitungen und der Präsident der Hochschulrektorenkonferenz Peter-André Alt sprechen ihr Bedauern aus und stimmen ihr zu: Die „langfristige Ausgestaltung wissenschaftlicher Karrierewege“ sei eine „strukturelle Herausforderung für das Hochschulsystem“, die sich „nicht durch kurzfristige, unzureichend ausgeformte gesetzliche Neuerungen […] wegregulieren“ lasse (Alt, Kommentar im Zeit-Chancen Newsletter vom 28.10.2021). An der HU und bei ihren Berliner Partner-Universitäten ist man zudem tief besorgt, dass die erst kürzlich offiziell bestätigte und mit viel Fördergeld versehene „exzellente Weiterentwicklung“ des Standorts (Kunst) gefährdet sein könnte.  Nur der Referent*innenrat der HU-Studierenden sieht die Lage anders. Er begrüßt die Berliner Gesetzesnovelle als „wichtige[n] Schritt zur Entprekarisierung des akademischen Mittelbaus“ und hält angesichts seiner Konfliktgeschichte mit der Präsidentin fest: „Wir wünschten, wir könnten uns für die gute Zusammenarbeit bedanken, nur gibt es da leider nichts, wofür wir uns bedanken könnten.“ Das Netzwerk für Gute Arbeit in der Wissenschaft ist Frau Kunst in jedem Fall dafür dankbar, dass sie neuen, reformbereiteren Kräften in der Hochschulleitung Platz macht. Ihre Argumente und die ihrer Unterstützerschaft sollten allerdings so nicht stehen bleiben.

Die Exzellenzstrategie ist Teil des Problems und nicht Teil irgendeiner Lösung

Die Exzellenzstrategie des Bundes, die bei Frau Kunst als unhinterfragtes Hauptziel gilt – sie erwähnt sie mehrfach und noch vor den „schwierigen Karrierewegen“ – ist eher Teil der Strukturprobleme im deutschen Hochschulsystem, weil sie dem überhitzten Projektwettbewerb eine Art erste Liga gegeben hat. Auch lokal ist sie keine wirkliche Lösung. Die massive finanzielle Förderung, die den Berliner Universitäten nach ihren Erfolgen in der Exzellenzstrategie zukommt, steht ja offenbar nicht für den Ausbau dauerhafter Stellen zur Verfügung, wird also nicht einmal an der vermuteten Spitze zu Verbesserungen beitragen. An anderen Standorten ziehen die Exzellenzbemühungen ebenfalls Probleme nach sich. So bleibt an der Goethe-Universität Frankfurt, nachdem ihr Exzellenzerfolg 2019 geringer ausfiel als geplant (die Präsidentin wechselt gegenwärtig nach Wuppertal), als Effekt nun ein Überhang von Mittelbaustellen ohne Zukunft sowie einige Professuren für Fachgebiete, die man ohne den Exzellenzwettbewerb gar nicht kennen würde.

Das neue BerlHG: Ein wichtiger Schritt von vielen, die noch gegangen werden müssen

Das neue BerlHG, dem Frau Kunst schlechte Presse verschafft, gibt dagegen Anlass zu Hoffnung. Das gilt besonders für den Punkt, an dem die Berliner (Ex-)Hochschulleitungen Anstoß nehmen. Die Regelung, dass PostDocs nur noch mit Entfristungsperspektive eingestellt werden können, ist kein bedauerlicher Fehler, sondern ein großer Schritt in die richtige Richtung (vgl. unsere Stellungnahme vom 9.9.2021). Nachdem über viele Jahre Verbesserungen in der akademischen Beschäftigungsstruktur unmöglich schienen, weil die Verantwortung zwischen den Hochschulleitungen, Ländern und Bund hin- und hergeschoben wurde, trifft nun ein Land endlich eine Entscheidung und setzt die Hochschulen in Zugzwang. Sie müssen mit dem strukturellen Umbau beginnen und zugleich von Bund und Ländern Mittel dafür einfordern. Beides, der Strukturwandel und seine Finanzierung, ist wichtig und wünschenswert. Der Bund muss, nachdem er mit dem Zukunftsvertrag Lehre stark in die Hochschulfinanzierung eingestiegen ist, jetzt auch ein nachhaltiges Beschäftigungssystem mitgestalten. Die Länder können sich nun nicht mehr mit ihren tatsächlich engen finanziellen Spielräumen entschuldigen. Wenn beide sich wieder von Projekt- auf Grundfinanzierung umorientieren, bleibt der nötige Mittelaufwuchs sogar überschaubar.

Zugleich sollten weitere Länder dem Vorbild Berlins folgen und Anreize für eine personelle Erneuerung der Hochschulleitungen setzen. Die Hochschulen werden im Strudel der anstehenden Veränderungen auch Reform- und Identitätsarbeit nach innen leisten müssen: Sie müssen die Privilegien der mutmaßlich ‚exzellenten‘ Professor:innen abbauen und für ein gleichberechtigtes Miteinander aller wissenschaftlichen Beschäftigten sorgen. So lässt sich nicht nur eine dringend nötige Demokratisierung erreichen, sondern auch Raum für Kooperationen und Erkenntnisse schaffen, an denen alle klugen Köpfe einer Hochschule beteiligt sind.

Für einen solchen Wandel ist mehr als ein Rücktritt nötig – zumal ja nicht sicher ist, dass unmittelbar reformfähige Führungskräfte nachkommen. Nachdem sich vielleicht nicht zufällig eine weibliche Führungsperson konsequent die Verantwortungsfrage gestellt hat, wäre ähnliche Konsequenz auch von ihren männlichen Kollegen zu wünschen. Wenn sie nicht bereit oder fähig sind, den Umgang der deutschen Hochschulen mit ihrem nichtprofessoralen Personal strukturell zu verbessern, sollten sie ihren Platz für andere freimachen, denen das besser gelingt. Sie werden dadurch in der Regel nicht in berufliche Existenznot geraten.