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Leseempfehlungen

Selected Readings – Schlüsseltexte zum ‚akademischen Kapitalismus‘ und prekärer Beschäftigung, kommentiert und geordnet nach: Daten und Fakten (1), Analysen (2), politisch-strategische Grundlagen (3) und konkrete Organisierung des Mittelbaus (4).

 

1 DATEN UND FAKTEN

 

DGB-Hochschulreport Niedersachsen. Arbeits- und Beschäftigungsbedingungen an Universitäten in Niedersachsen 2021. Berlin: Deutscher Gewerkschaftsbund, https://niedersachsen.dgb.de/presse/++co++e18cd124-2b37-11ec-a1ce-001a4a160123.

Der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) Niedersachsen hat heute seinen ersten DGB-Hochschulreport für Niedersachsen vorgestellt. Die Qualität der Arbeitsbedingungen wird aus Sicht der Beschäftigten insgesamt als nicht gut bewertet – stellenweise sogar als schlecht. Befristungsquoten und Teilzeitquoten sind an den niedersächsischen Hochschulen sehr hoch, auch bei den wissenschaftlichen Mitarbeiter*innen, die schon promoviert sind.

 

Destatis (Statistisches Bundesamt), 2020. Bildung und Kultur, Personal an Hochschulen: 11, 4.4/2021. https://www.destatis.de/DE/Themen/Gesellschaft-Umwelt/Bildung-Forschung-Kultur/Hochschulen/Publikationen/Downloads-Hochschulen/personal-hochschulen-2110440207004.pdf?__blob=publicationFile.

An den deutschen Hochschulen und Hochschulkliniken waren zum Jahresende 2020 insgesamt rund 759 000 Personen beschäftigt. Wie das Statistische Bundesamt (Destatis) mitteilt, waren das 2,9 % mehr als Ende 2019. Dabei fiel der Beschäftigungszuwachs im wissenschaftlichen Bereich mit +2,0 % geringer aus als in den nicht-wissenschaftlichen Bereichen Verwaltung, Bibliothek, technischer Dienst und Pflegedienst. In diesen Bereichen der Hochschulen waren Ende 2020 etwa 344 000 Personen beschäftigt und damit 4,0 % mehr als Ende 2019 (rund 331 000).

 

Assistierendenvereinigung der Universität Basel (avuba), 2021. Postdoc-Umfrage 2020 Zusammenfassung der Ergebnisse inkl. der Bereiche mit Handlungsbedarf. https://avuba.unibas.ch/fileadmin/user_upload/avuba/Anstellungsbedingungen_DE/DE_20210322_avuba_Postdoc-Umfrage_2020_-_avuba_Zusammenfassung_der_Ergebnisse.pdf

 

DGB-Hochschulreport 2020. Arbeit und Beschäftigung an Hochschulen und Forschungseinrichtungen. Expansion und Wettbewerb im Spiegel der amtlichen Statistik, Berlin. https://www.dgb.de/downloadcenter/++co++71ed67de-236d-11eb-8196-001a4a160123

Die Studie “DGB-Hochschulreport – Arbeit und Beschäftigung an Hochschulen und Forschungseinrichtungen: Expansion und Wettbewerb im Spiegel der amtlichen Statistik” der Kooperationsstelle Wissenschaft und Arbeitswelt in der Zentraleinrichtung Wissenschaftliche Weiterbildung und Kooperation (ZEWK) der Technischen Universität Berlin wurde vom DGB Bundesvorstand gefördert.

 

Destatis (Statistisches Bundesamt), 2019. Bildung und Kultur, Personal an Hochschulen: 11, 4.4/2020. https://www.destatis.de/DE/Themen/Gesellschaft-Umwelt/Bildung-Forschung-Kultur/Hochschulen/Publikationen/Downloads-Hochschulen/personal-hochschulen-2110440197004.pdf?__blob=publicationFile

An den deutschen Hochschulen und Hochschulkliniken waren zum Jahresende 2019 rund 407 000 Personen im wissenschaftlichen Bereich beschäftigt. Wie das Statistische Bundesamt (Destatis) mitteilt, waren das 1,1 % mehr als Ende 2018. Die Zahl der Frauen stieg im Vorjahresvergleich um 2,1 % auf 161 200. Der Frauenanteil am wissenschaftlichen Hochschulpersonal hat sich damit um einen Prozentpunkt auf 40 % erhöht.

 

Konsortium Bundesbericht Wissenschaftlicher Nachwuchs, Hrsg. 2021. Bundesbericht Wissenschaftlicher Nachwuchs 2017. Statistische Daten und Forschungsbefunde zu Promovierenden und Promovierten in Deutschland. Bielefeld: wbv Media, https://www.buwin.de/dateien/buwin-2021.pdf.

 

Konsortium Bundesbericht Wissenschaftlicher Nachwuchs, Hrsg. 2017. Bundesbericht Wissenschaftlicher Nachwuchs 2017. Statistische Daten und Forschungsbefunde zu Promovierenden und Promovierten in Deutschland. Bielefeld: W. Bertelsmann, https://www.buwin.de/buwin-2017.

Die alle paar Jahre erscheinende Übersicht versammelt wichtige Zahlen und Fakten zur Beschäftigungssituation, u.a. die berühmten 93% Befristungsquote bei unter 45-jährigen.

 

Ergänzend dazu weitere Publikationen zu spezifischen Aspekten:

 

Jongmanns, G. 2011. Evaluation des Wissenschaftszeitvertragsgesetzes (WissZeitVG). Gesetzesevaluation im Auftrag des Bundesministeriums für Bildung und Forschung. Hochschul-Informations-System, Forum Hochschule, 4. https://medien.his-he.de/fileadmin/user_upload/Publikationen/Forum_Hochschulentwicklung/fh-201104.pdf.

 

Gross, C., Urbanski, D., & Schoger, L. 2016. Karrierewege und -perspektiven von promovierten Nachwuchswissenschaftlerinnen und -wissenschaftlern. Studien im Rahmen des Bundesberichts Wissenschaftlicher Nachwuchs, Begleitstudie B5. https://www.uni-bremen.de/fileadmin/user_upload/sites/zentrale-frauenbeauftragte/Berichte/Studie_B5_BuWiN.pdf.

 

Winterhager, N., Birner, N., Bogenstahl, C., & Krabel, S. 2017. Bestand, Arbeits- und Beschäftigungsbedingungen des wissenschaftlichen Nachwuchses in der Promotionsphase. Studien im Rahmen des Bundesberichts Wissenschaftlicher Nachwuchs (BuWiN), Begleitstudie B1. www.buwin.de/downloads/begleitstudien/studie-b1_buwin.pdf/download

 

Kreckel, Reinhard. 2016. Zur Lage des wissenschaftlichen Nachwuchses an Universitäten Deutschland im Vergleich mit Frankreich, England, den USA und Österreich. Beiträge zur Hochschulforschung 38(1-2), 12-40, www.bzh.bayern.de/uploads/media/1-2-2016-Kreckel.pdf

In einem Vergleich der deutschen Universitäten mit Frankreich, England und den USA wird gezeigt, dass Deutschland sich hinsichtlich der Lage des Hochschullehrernachwuchses heute auf einem ausgesprochenen Sonderweg befindet. Die starke Beharrungstendenz der universitären Karrierestruktur in Deutschland wird auf ein eigentüm¬liches implizites „System von aufeinander bezogenen Denk- und Zugzwängen“ zurück geführt. Dessen vier Eckpfeiler sind die Habilitation, das Hausberufungsverbot, das Lehrstuhl- und Fachvertretungsprinzip sowie das Konstrukt der Qualifikationsstelle. Aus dem Text stammt die berühmte Kreckel-Grafik, die das Missverhältnis befristeter und unbefristeter Stellen in aller Deutlichkeit abbildet

 

Leendertz, Ariane. 2020. Wissenschaftler auf Zeit: Die Durchsetzung der Personalpolitik der Befristung in der Max-Planck-Gesellschaft seit den 1970er-Jahren. Köln: Max-Planck-Institut für Gesellschaftsforschung: http://hdl.handle.net/21.11116/0000-0007-9E71-8

Die Mehrheit des wissenschaftlichen Personals an den Hochschulen und außeruniversitären Forschungseinrichtungen in Deutschland ist heute befristet beschäftigt. Der Beitrag rekonstruiert die Ursachen und Dynamiken dieser Entwicklung, die in den 1970er-Jahren begann, am Gegenstand der Max-Planck-Gesellschaft.

 

Winterhager, Nicolas; Birner, Nadine; Krabel, Stefan; Mozhova, Anastasua; Shajek, Alexandra; Breitbach, Michael; Lüthje, Jürgen. 2018. Untersuchung der Auswirkungen des Hochschulpakts 2020. Abschlussbericht/Kurzfassung: https://www.iit-berlin.de/de/publikationen/untersuchung-der-auswirkungen-des-hochschulpakts-2020

“Im Auftrag des Bundesministeriums für Bildung und Forschung wurden die Wirkungen der ersten beiden Programmphasen des Hochschulpaktes (HSP) 2020 untersucht. Im Abschlussbericht wird […] die Zielerreichung des Programms in den Bereichen Studienanfänger/innen und Studierende, Zulassungsbeschränkungen von Studiengängen, Hochschulpersonal und Finanzierung von Hochschulen überprüft.“ So wird auf der Basis statistischer Daten festgestellt, dass seit der Einführung des HSP die Anzahl von Studienfänger*innen erhöht wurde (S. 4). Weitere wichtige Ergebnisse sind allerdings, dass trotz des Hochschulpaktes die Studierendenzahlen im Verhältnis zum wissenschaftlichen Personal steigen (S. 5) und beim Blick auf die inflationsbedingt preisbereinigten Gelder, die den Universität und Fachhochschulen zur Verfügunge stehen, die HSP-Mittel lediglich den Wertverlust des Geldes abfedern, jedoch keine Mehrinvestitionen darstellen (S. 13).

 

Max-Emmanuel Geis (Hrsg). 2020, Hochschulrecht in Bund und Ländern. 53. Aktualisierung, Heidelberg: C.F. Müller.

Im besonderen thematisieren § 53, 55 und 56 die rechtlichen Grundlagen für die wissenschaftliche Mitarbeitende, Lehrbeauftragte und Lehrkräfte für besondere Aufgaben.

 

2 ANALYSEN

 

Wissenschaftsrat. 2023, Strukturen der Forschungsfinanzierung an deutschen Hochschulen. https://www.wissenschaftsrat.de/download/2023/1012-23.pdf?__blob=publicationFile&v=11

Die Finanzierung der öffentlichen Hochschulen in Deutschland zieht immer wieder Aufmerksamkeit und Kritik auf sich. Das Feststellen einer zu geringen Ausstattung und die Forderung nach einer auskömmlichen, soliden und verlässlichen Grundfinanzierung sind Teil einer langjährigen Debatte. Der Wissenschaftsrat hat dies zum Anlass genommen, sich mit der Forschungsfinanzierung an Hochschulen auseinanderzusetzen. Diese beruht auf einem komplexen System, von dessen Funktions- und Leistungsfähigkeit viel abhängt: Eine starke Forschungslandschaft mit den Hochschulen als ihrem Zentrum ist existenziell für die Zukunft unserer Gesellschaft.

 

Roland Bloch, Carsten Würmann, Anne K. Krüger und Jakob Hartl. 2021, Arbeits- und Beschäftigungsbedingungen an Hochschulen in Deutschland. Politische Steuerungsversuche und ihre Effekte seit 2006. GEW-Materialien aus Hochschule und Forschung Bd. 127. Bielefeld: wbv. https://www.wbv.de/shop/Arbeits-und-Beschaeftigungsbedingungen-an-Hochschulen-in-Deutschland-6004854w.

Seit 2006 hat es – von der Exzellenzinitiative bis zum Tenure-Track-Programm – politische Steuerungsversuche gegeben, die nicht nur die Hochschulfinanzierung, sondern auch die Arbeits- und Beschäftigungsbedingungen des wissenschaftlichen Personals verändern sollten. Welche Effekte erzielten sie dabei tatsächlich? Diese Frage untersuchen die Autor:innen mit quantitativen Zeitreihendaten (2006-18) zum öffentlichen Hochschulbereich und einer qualitativen Inhaltsanalyse von Personalentwicklungskonzepten. Die Ergebnisse zeigen, dass Förderprogramme wie die Exzellenzinitiative und der Qualitätspakt Lehre die Arbeits- und Beschäftigungsbedingungen kaum beeinflussen. Ein deutlicher Zusammenhang besteht hingegen zwischen steigenden Grundmitteln und höheren Anteilen unbefristeter Beschäftigung unterhalb der Professur.

 

Holderberg, Per, Seipel, Christian. 2021, Der wissenschaftliche Mittelbau – Arbeit, Hochschule, Demokratie. Weinheim: Beltz Juventa. https://www.beltz.de/fachmedien/erziehungs_und_sozialwissenschaften/buecher/produkt_produktdetails/45246-der_wissenschaftliche_mittelbau_arbeit_hochschule_demokratie.html

Einleitung: Holderberg-und-Seipel-2021-Wissenschaftlicher-Mittelbau

 

Der Sammelband gibt einen Überblick über aktuelle Debatten zu der »unternehmerischen Universität« und den Auswirkungen auf die Arbeitsbedingungen und Karrierechancen des wissenschaftlichen Mittelbaus. Es sind Autor:innen aus verschiedenen Disziplinen dabei (Richard Münch, Peter Ulrich, Jens Ambrasat, Tilman Reitz, Karin Zimmermann, Andreas Keller, Maria Keil, Peter-Paul Bänziger und Florian Kappeler, Peter Müßig, David Salomon uvm.) die theoretisch und empirisch die Lage des wissenschaftlichen Mittelbaus in Deutschland untersuchen. Von der historischen Entwicklung bis hin zu aktuellen Auseinandersetzungen in der gewerkschaftlichen Mobilisierung, das Netzwerk NGAWiss oder dem Einfluss auf die Corona-Pandemie für die Mitbestimmung an Hochschulen, sind vielfältige Beiträge versammelt. Gesundheitsaspekte des Befristungswesen aus rechtswissenschaftlicher Perspektive, demokratische Gestaltung von Hochschulen aus politikwissenschatlicher Sicht oder wissenschaftliche Lebensführungsmodelle aus der Soziologie, beleuchten in mit teils exklusiven Daten die (außer)universitären Forschungs- und Arbeitsbedingungen in der Qualifikationsphase der wissenschaftlichen Mitarbeiter:innen in Deutschland. International vergleichend wird die Finanzialisierung von Wissenschaftsbetrieben und Wettbewerbsdruck unter den Stichworten neue Hochschulgovernance, Bologna-Prozess, Prestigekonkurrenz und wissenschaftlicher Exzellenz als neuer Wertewandel in dem Arbeitsfeld Wissenschaft facettenreich analysiert.

 

Gohlke, Nicole. 2021, Klassenpolitik in Zeiten von Akademisierung und neuer Unsicherheit. Plädoyer für eine zeitgemässe Betrachtung von Akademiker*innen, LuXemburg. Gesellschaftsanalyse und linke Praxis. Online-Papier zu Bildungspolitik, März 2021. https://legacy.zeitschrift-luxemburg.de/lux/wp-content/uploads/2021/03/rls_lux_mini_2021_final_es-1-1.pdf.

MdB Nicole Gohlke (Die Linke) hat einen sehr differenzierten und lesenswerten Text über Klassenpolitik in Zeiten von Akademisierung und neuer Unsicherheit geschrieben. Sie analysiert dort die Entwicklung der letzten Jahrzehnte, die zu einer Annäherung von Arbeiterschaft und akademischen Milieu in Bezug auf Prekarisierungstendenzen geführt habe, die politisch zu berücksichtigen sei. Einerseits lande ein “wachsender Teil der Hochschulabsolvent*innen von heute […] in abhängiger Beschäftigung, für die vor Jahrzehnten eine Lehre ausgereicht hätte.” Andererseits “verkörpern Wissenschaftler*innen keine materielle Elite, sondern sind ein Heer prekarisierter Beschäftigter.” Den ganzen Text gibt es hier.

 

OECD, 2021. “Reducing the precarity of academic research careers”, OECD Science, Technology and Industry Policy Papers: No. 113, Paris: OECD Publishing, https://doi.org/10.1787/0f8bd468-en

This report analyses academic research careers, with a focus on the “research precariat”, defined as postdoctoral researchers holding fixed-term positions without permanent or continuous employment prospects. It identifies policies and practices that aim to improve researchers’ well-being, develop more diverse, equitable and inclusive research systems, attract and retain the best talent in academia, and ultimately improve the quality of science. The report presents a conceptual framework and synthesis of available data and policy information. It draws on a survey of OECD countries that included country notes and interviews with policy officials, funders, representatives of research performing organisations and researchers. It offers recommendations and a set of policy options to improve working conditions and professional development, better link funding to human resource policies, make governance more inclusive, promote equal opportunities and diversity, improve human resource management, promote inter-sectoral and international mobility, and develop the evidence base on research careers.

 

Esther Höhle, Befristung an Universitäten. Eine Analyse von Ursachen im internationalen Vergleich Das Hochschulwesen:  1+2/2019, S. 11-17. https://www.researchgate.net/profile/Ester-Hoehle/publication/343166272_Befristung_an_Universitaten_Eine_Analyse_von_Ursachen_im_internationalen_Vergleich/links/5f1c2c99a6fdcc9626b03f0f/Befristung-an-Universitaeten-Eine-Analyse-von-Ursachen-im-internationalen-Vergleich.pdf 

In vielen Ländern wird über befristete Verträge in der Wissenschaft diskutiert, in anderen Ländern dagegen stellen lange Befristungsphasen kein dominantes Problem dar. Dass der Anteil an befristeter Beschäftigung im oberen Mittelbau stark variiert, wird am Beispiel von 20 Ländern mit Daten der Projekte EUROAC und CAP gezeigt. Wie lassen sich die internationalen Unterschiede erklären? In diesem Beitrag wird ein Ansatz gewählt, nach dem es die gesellschaftlichen Strukturen – sprich ein Wissensintensiver Arbeitsmarkt und die universitären Strukturen selbst – sind, die die Länge befristeter Beschäftigung vorhersagen.

 

Sandra Beaufays, Anja Franz, Svea Korff, 2020. Ausstieg aus der Wissenschaft, die Hochschule. Journal für Wissenschaft und Bildung: 26, Nr. 1. https://www.pedocs.de/volltexte/2022/23798/pdf/DHS_29_2020_Beaufays_Franz_Korff.pdf.

Üblicherweise gilt der Abschluss einer Promotion als Start einer akademischen Laufbahn. Heute ist sie nur noch eine Eintrittsbedingung unter vielen. An diesem Punkt erfolgt – mit und ohne erfolgreichen Abschluss – oftmals ein Ausstieg aus der Wissenschaft. Dieser kann keineswegs unter den Begriff „Scheitern“ subsummiert werden, sondern muss als vielschichtiger Prozess mit hilfreichen, aber auch erschwerenden Begleitumständen verstanden werden. Um strukturelle Bedingungen, die bspw. einen geplanten Ausstieg deutlich vereinfachen, bereitstellen zu können, müsste sich an Hochschulen jedoch einiges ändern.

 

Pschorr, Simon. 2017, DoktorArbeit. Die Dissertation als Gegenstand der Arbeitspflicht, Wissenschaftsrecht: 50 (4), S. 347-359.  DOI: 10.1628/wissr-2017-0018

In der vorliegenden Arbeit befasst sich der Autor mit dem Arbeitsverhältnis und damit dem Arbeitsvertrag von Promovierenden. Während es in Deutschland üblich ist, neben dem Beruf an der Hochschule zu promovieren, gibt es wenig bis keine Forschung zum spezifischen Arbeitsrecht für diese Tätigkeit. Im ersten Kapitel wird analysiert, ob die Dissertation selbst – der Prozess der Fertigstellung der Doktorarbeit – zu den Pflichten aus dem Arbeitsvertrag gehört. Während Verträge diese Frage oft nicht beantworten, gibt es eine gesetzliche Regelung: § 53 II Hochschulrahmengesetz (HRG). Danach ist die selbständige Forschung Teil der eigentlichen Verpflichtung. Im weiteren Verlauf des Artikels geht es um die Frage, welchen Einfluss der Betreuer des Doktoranden auf die Dissertation selbst hat. Schließlich nennt der Autor Mindestbedingungen, die sich aus § 53 II HRG ergeben, wenn es um die Zeit geht, die der Betreuer der Dissertation – der zugleich Arbeitgeber ist – für die Arbeit an der Dissertation zu gewähren hat. Dies widerspricht der bundesweiten Beschäftigungspraxis der Hochschulen, die Arbeitsverträge mit noch geringeren Arbeitszeiten vorsehen und damit die Chancen vieler Nachwuchswissenschaftler, Erfahrungen in Lehre und Forschung zu sammeln, verringern.

 

Christoph Bauer, Oliver Brüchert, Simon Burkhardt, Corina Färber, Juliane Hammermeister, Emanuel Kapfinger, Thomas Sablowski, Nils Schlesinger (Hrsg.), 2010. Hochschule im Neoliberalismus. Kritik der Lehre und des Studiums aus Sicht Frankfurter Studierender und Lehrender. https://ffmdieunibrennt.files.wordpress.com/2012/08/reader_hochschuleimneoliberalismus.pdf

Sammelband von Studierenden und Lehrenden aus Frankfurt/Main aus dem Bildungsstreik 2009 mit kritischem Blick auf die Bologna-Reformen.

 

Münch, Richard. 2011. Akademischer Kapitalismus. Zur politischen Ökonomie der Hochschulreform. Edition Suhrkamp 2633. Berlin: Suhrkamp.

Der Bildungsstreik und die Hörsaalbesetzungen im Jahr 2009 haben gezeigt, daß der Widerstand gegen Studiengebühren und die Bologna-Reform sich immer weiter aufheizt. Die Studierenden klagen über zunehmenden Streß, maßgebliche Ziele der Reform wurden verfehlt. Richard Münch, einer der renommiertesten Kritiker dieser Entwicklung, untersucht in seiner brisanten neuen Studie die Kräfte hinter dem neuen akademischen Kapitalismus. Er legt dar, wie sich die Hochschulen unter dem Einfluß von Beratungsfirmen in Unternehmen verwandeln und wie kurzfristige Nutzenerwartungen das Innovationspotential der Forschung untergraben.

 

Stephanie Simon, Julian Sehmer, 2020, „WeristJens*?“. Forschungsprojekt zu Arbeits- und Lebenssituationen von Wissenschaftler*innen jenseits von unbefristeten Professuren in der Erziehungswissenschaft von berufsbiographischen Perspektiven ausgehend.
https://www.ites-werkstatt.de/weristjens/

Für das Forschungsprojekt „WeristJens*?“ werden die Arbeits- und Lebenssituationen von Wissenschaftler*innen jenseits von unbefristeten Professuren in der Erziehungswissenschaft und mögliche Auswirkungen eines wettbewerbsorientierten Wissenschaftssystems auf die inhaltliche Ausgestaltung der Erziehungswissenschaft untersucht. Damit schafft die Studie eine Grundlage, um über die Anforderungen und Veränderungen des Wissenschaftsbetriebs einer sich kritisch verstehenden Erziehungswissenschaft diskutieren zu können.

 

Demirović, Alex. 2015. Wissenschaft oder Dummheit? Über die Zerstörung der Rationalität in den Bildungsinstitutionen. Hamburg: VSA-Verlag.

Verschiedene Aufsätze mit klugen Analysen zur Post-Bologna-Universität und der Möglichkeit kritischer Wissenschaft darin. Faszinierend u.a. die Beschreibung des pädagogischen Krieges zwischen Lehrenden und Studierenden um das Durchkommen bei den vielen Anforderungen der Dauerprüfungssituation in Bachelor/Master.

 

Möller, Christina. 2015. Herkunft zählt (fast) immer. Soziale Ungleichheiten unter Universitätsprofessorinnen und -professoren. Weinheim/Basel: Beltz Verlag.

Klappentext: „Inhalt der vorliegenden Studie ist eine differenzierte Analyse der sozialen Herkunft von Universitätsprofessorinnen und -professoren. Die Daten dokumentieren Entwicklungen der vergangenen 50 Jahre sowie Unterschiede nach Geschlecht, Fächergruppen und dem Status der Professur. Dass Bildungserfolge und Karrieren in Deutschland erheblich von der sozialen Herkunft abhängen, ist ein vielfach belegtes Phänomen. Doch wie sieht es an der Spitze der wissenschaftlichen Karriere an Universitäten aus? Die Studie skizziert mit Rekurs auf die Theorien Pierre Bourdieus, wie sich Professorinnen und Professoren nach sozialer Herkunft zusammensetzen und welche Entwicklungen sich in den vergangenen 50 Jahren abzeichnen. Dokumentiert wird zudem, wie sich die soziale Herkunft nach Geschlecht, Fächergruppe und dem Status der Professur ausdifferenziert. Dabei zeigt sich, dass der Möglichkeitsraum für soziale Aufstiege zur Professur enger geworden ist und insbesondere vom Fach abhängt.“

 

Rogge, Jan-Christoph. 2015. „Soziale Bedingungen und Effekte der quantitativen Leistungsmessung“. Soziale Welt 66 (2): 205–14. https://www.jstor.org/stable/24754699.

Über Auswirkungen der quantitativen Leistungsmessung (Impact Factor etc.) auf den sogenannten Nachwuchs: Wissenschaft wird mehr und mehr zum „Karrierejob“. Insbesondere die Aufstiegsorientierten verfpügen über spezifische Erfolgsmaxmierungsstrategienwie kaskadische Einreichungspraxis und kleinste publizierbare Einheit. Das Fortkommen ist von der beruflichen Förderung durch Mentor*innen abhängig.

 

Rogge, Jan-Christoph. 2015. „The winner takes it all? Die Zukunftsperspektiven des wissenschaftlichen Mittelbaus auf dem akademischen Quasi-Markt“. KZfSS Kölner Zeitschrift für Soziologie und Sozialpsychologie 67 (4): 685–707. https://www.fachportal-paedagogik.de/literatur/vollanzeige.html?FId=1081174.

Es wird argumentiert, dass der Staat über die Simulation von Markteffekten und sein Nachfragemonopol auf dem wissenschaftlichen Quasi-Markt die Konzentration von Gewinnen und das Überangebot an Akteuren, die um diese Gewinne konkurrieren, wissenschaftspolitisch induziert und verschärft hat. Wer hier durchhalten will, ist oft abhängig von materieller Unterstützung durch Familie oder von akademischen Förderern.

 

Ohm, Britta. 2016. „Exzellente Entqualifizierung. Das neue akademische Prekariat“. Blätter für deutsche und internationale Politik, Nr. 8: 109–20. Link auf deutsch und englisch.

Weithin rezipierte subjektive Offenlegung und Analyse, die argumentiert, dass der international ausgerichteten Exzellenz- und Befristungs-Politik an deutschen Hochschulen das Hartz IV-System der Sozialhilfe auch für Hochqualifizierte eingepreist ist und dass die Wieder-Ausweisung angeworbener nicht-deutscher Wissenschaftler_innen in Kauf genommen wird.

 

Reitz, Tilman. 2016. „Von der Kritik zur Konkurrenz. Die Umstrukturierung wissenschaftlicher Konflikte und ihre Wissenseffekte“. sub\urban. zeitschrift für kritische stadtforschung 4 (2/3): 37–58, https://zeitschrift-suburban.de/sys/index.php/suburban/article/download/249/398.

Da Wissenschaft Meinungsverschiedenheiten impliziert, müssen die Beteiligten Wege finden, Auseinandersetzungen zu führen und zu gestalten. Der vorliegende Beitrag soll zeigen, dass dabei lange Zeit die Form wechselseitiger Kritik vorherrschte, inzwischen aber zunehmend das Prinzip organisierter Konkurrenz dominiert. Kritik wird tendenziell zum bloßen Mittel für Wettbewerbserfolg herabgestuft. Kritik verliert in der Wissenschaft nicht zufällig an Bedeutung, vielmehr wird in vielen (anti-)mikropolitischen Prozessen ihr Störungspotenzial eingehegt.

 

Justus Henke, Peer Pasternack. 2017. Hochschulsystemfinanzierung. Wegweiser durch die Mittelströme, Institut für Hochschulforschung (HoF)‐Handreichungen 9, Beiheft zu „die hochschule. Journal für Wissenschaft und Bildung“ 2017. Halle-Wittenberg. https://www.hof.uni-halle.de/journal/texte/Handreichungen/HoF-Handreichungen9.pdf

Die Finanzierung des Hochschulsystems ist mehr als die Finanzierung der Hochschulen, und die Finanzierung der Hochschulen selbst wiederum ist komplexer als gemeinhin angenommen. Die Finanzierungsquellen sind heterogen, und ihre Abbildung in Statistiken ist nicht immer transparenzfördernd. Neben den unmittelbaren institutionellen Förderungen gibt es programmgebundene und neben den konsumtiven die investiven Ausgaben. Neben den Bundesländern als Hochschulträgern sind weitere Mittelgeber an der Hochschulfinanzierung beteiligt. Mit Institutionen wie Studentenwerken, DAAD oder Alexander von Humboldt-Stiftung gibt es hochschulunterstützende Einrichtungen. Auch werden individuelle Förderungen ausgereicht. Schließlich gibt es eine Reihe von Sonderfinanzierungstatbeständen: Hochschulmedizin, der Bund als Träger von Bundeshochschulen oder geldwerte Lehrleistungen, die von außeruniversitären Forschungseinrichtungen im Hochschulsystem erbracht werden. Die Handreichung macht die Finanzierungsströme erstmals in ihrer Gesamtheit transparent.

 

Keil, Maria. 2019. „Zur Reproduktion sozialer Ungleichheit im Feld der Wissenschaft“. Berliner Journal für Soziologie, 1–22.

Der Beitrag widmet sich der sozialen Ungleichheit in der Wissenschaft und diskutiert, inwieweit die jüngsten strukturellen Entwicklungen zu einer höheren sozialen Geschlossenheit führen. Es wird argumentiert, dass einerseits informelle Rekrutierungsmechanismen die Bedeutung habitueller und kultureller Passungsfähigkeit erhöhen sowie andererseits der politisch initiierte Wettbewerb und die Zunahme befristeter, unsicherer (Teilzeit-)Beschäftigungen in der Wissenschaft die Abhängigkeit einer wissenschaftlichen Laufbahn von der sozialen Herkunft verstärken. Diese Entwicklung vollzieht sich quantitativ über eine verschärfte Konkurrenzsituation des sog. wissenschaftlichen Nachwuchses und qualitativ über prekäre Arbeitsbedingungen und unzureichende Karriereaussichten.

 

2.1 WISSENSCHAFT INTERSEKTIONAL

 

Anika Thym, 2021. Vielfältige Differenzdimensionen, Lebensentwürfe und Wissenspraxen: Gleichstellung, Chancengleichheit, Vielfalt/Diversity und Inklusion an Schweizer Universitäten. Recherche zu Begrifflichkeiten und Implementierungen im Auftrag der Kommission für Chancengleichheit der Philosophisch-Historischen Fakultät der Universität Basel, Basel: Universität Basel. https://doi.org/10.5451/unibas-ep83004

Recherche zur Bedeutung und Verwendung der Begriffe Gleichstellung, Chancengleichheit, Diversity/Vielfalt und Inklusion an Schweizer Universitäten aufgrund einer Literaturrecherche und Auswertung der Aktionspläne des Schweizer Bundesprogramme „Chancengleichheit von Frau und Mann an den Universitäten“. Die Recherche bietet inhaltliche und strategische Überlegungen zu Auseinandersetzungen um Gleichstellung und wissenschaftliche Exzellenz sowie Verfassungsaufträge und das Verhältnis zu Recht und Emanzipation.

 

Lisa Mense, Sigrid Metz-Göckel, Katja Sabisch und Anne Schlüter, Hrsg. 2020, Kooperation und Konkurrenz im Wissenschaftsbetrieb. Perspektiven aus der Genderforschung und -politik,  Opladen: Verlag Barbara Budrich.

Die Frauen- und Geschlechterforschung begann als Provokation für die Wissenschaftstradition und ist längst (maßgeblich) an ihrer Erneuerung beteiligt, wie sich an der personellen Zusammensetzung des wissenschaftlichen Personals zeigt. In den Auseinandersetzungen um egalitäre Geschlechterverhältnisse in Wissenschaft und Gesellschaft spielen Kooperation und Solidarität unter den Frauen/Geschlechterforscherinnen eine große Rolle. Aber auch Konkurrenz und Streit um Positionen und das ‘richtige’ Verständnis ziehen sich wie rote Fäden durch ihre Entwicklungsgeschichte. Geschichte wird auch durch Personen und ihre Vorstellungen bestimmt, hier die engagierten Frauen. Ihnen wird große Aufmerksamkeit gewidmet, ebenso den Akteurinnen und der subjektiven Seite der scheinbar objektiven Bedingungen. Das 21. Jahrhundert wird das Jahrhundert der Frauen sein.

 

Schürmann, Ramona. 2017. “Karrierewunsch trifft Realität. Aufstiegslogiken von Frauen und Männern im akademischen Wissenschaftssystem”. Berliner Debatte Initial: 28, Nr. 1, S. 133-145.

Promovierte Wissenschaftlerinnen sind mit 87 % noch wesentlich öfter als promovierte Wissenschaftler (78 %) befristet beschäftigt. Eine Elternschaft akzentuiert diese geschlechtliche Ungleichstellung. Wissenschaftler sind häufiger Teil eines Doppelverdiener-Paares, während Wissenschaftlerinnen häufiger Teil eines Doppelkarriere-Paares sind. Damit sind sie wesentlich größeren Herausforderungen an Aushandlungsprozesse innerhalb der Partnerschaft ausgesetzt. Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler, für die keine traditionelle Arbeitsteilung in Frage kommt, bleiben hingegen häufiger kinderlos.

 

Hark, Sabine, und Johanna Hofbauer, Hrsg. 2018. Vermessene Räume, gespannte Beziehungen: unternehmerische Universitäten und Geschlechterdynamiken. Berlin: Suhrkamp.

Klappentext: “Quantifizierende Verfahren versprechen Transparenz, objektive Beurteilungsmöglichkeiten und mehr Entscheidungsqualität. Nach ihrem Siegeszug in Amerika haben sie mittlerweile auch universitäre Regierungstechniken und akademische Wahrheitspolitiken in Europa umgestaltet und »unternehmerische Universitäten« hervorgebracht. Der Band untersucht die Bedeutung dieser Veränderungen für die Geschlechterdynamiken an Hochschulen, für Karriereverläufe von Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern, für Gleichstellungspolitiken und die Gender Studies und fragt, wie diese selbst in jene Dynamiken eingebunden sind.”

 

Laufenberg, Mike, Martina Erlemann, Maria Norkus, und Grit Petschick, Hrsg. 2018. Prekäre Gleichstellung Geschlechtergerechtigkeit, soziale Ungleichheit und unsichere Arbeitsverhältnisse in der Wissenschaft. Wiesbaden: Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH.

Der Band beleuchtet die Wechselbeziehungen zwischen Gleichstellungspolitiken, strukturellen Diskriminierungsformen und prekären Arbeitsverhältnissen in der neoliberalen Hochschule. Im Fokus stehen Benachteiligungen nach Geschlecht, Nationalität und sozialer Herkunft.

 

Schmid, Antonia, und Peter Ullrich. 2018. „Publish and Perish. Publikationszwänge, selbstunternehmerische Wissenschaftssubjekte und Geschlecht“. In Chimära mensura? Die Human-Animal Studies zwischen Schäferhund-Science-Hoax, kritischer Geschichtswissenschaft und akademischem Trendsurfing, herausgegeben von Enrico Heitzer und Sven Schultze, 228–47. Berlin: Vergangenheitsverlag.

Eine Entscheidung steht Wissenschaftlerinnen in ungesicherter beruflicher Stellung innerhalb des Sets verfügbarer Publikationsstrategien nicht zu: nicht, beziehungsweise in Verweigerung der oberflächlichen akademischen Moden, nur wenig zu publizieren. Immer stärker gilt: publish or perish! Wird dieser kategorische Imperativ für Wissenschaftlerinnen empirisch reformuliert, lautet der Satz wohl realistischer: publish and perish, denn für den größten Teil der Aspirant*innen ist im deutschen akademischen System ohnehin kein Verbleib vorgesehen. Vom Selektionsdruck besonders getroffen werden, wie auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt, Frauen und darüber hinaus all diejenigen, deren Tätigkeitsschwerpunkte weiblich codiert sind, die also mehr Arbeitszeit auf die akademische Reproduktion statt auf die Produktion verwenden.

 

Vetesse, Troy. 2019: Sexism in the Academy. Women’s narrowing path to tenure, In: n+1, vol. 34, https://nplusonemag.com/issue-34/essays/sexism-in-the-academy/

Sehr umfassender Artikel zur patriarchalen Grundstruktur und sexistischen Logiken im westlichen Wissenschaftsbetrieb.

 

3 HANDLUNGSBEDINGUNGEN, STRATEGIEN, KONZEPTE

 

Bundeskonferenz der Frauen- und Gleichstellungsbeauftragten an Hochschulen e.V. (bukof) und Arbeitsgemeinschaft der Frauen- und Geschlechterforschungseinrichtungen Berliner Hochschulen (afg), 2021. Diskriminierende Angriffe im Hochschulkontext – Handlungsempfehlungen für Wissenschaftler*innen und ihr Umfeld. https://bukof.de/wp-content/uploads/21-10-01-bukof-afg-Handlungsempfehlungen-Diskriminierende-Angriffe-im-Hochschulkontext.pdf 

Wer Zielscheibe von Hassbotschaften wird, fühlt sich oft ohnmächtig. Betroffene Wissenschaftler*innen
können Unterstützung und Solidarität erfahren. afg und bukof geben Anregungen und Handlungsempfehlungen, was Sie tun und wo Sie Unterstützung erhalten können.

 

Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft. 2010. „Templiner Manifest. Traumjob Wissenschaft. Für eine Reform der Personalstruktur und Berufswegen in Hochschule und Forschung“. https://www.gew.de/wissenschaft/templiner-manifest.

Älter, aber immer noch relevant und ein ganz wichtiger Impuls für den Beginn der Debatte überhaupt: das Templiner Manifest der GEW.

 

Reitz, Tilman, und Peter Ullrich. 2016. „Für eine Demokratisierung von Lehre und Forschung. Diskussionsvorschlag für eine hochschulpolitische Offensive der Linken“. Herausgegeben von Rosa Luxemburg Stiftung. Standpunkte, Nr. 13: 4, https://www.rosalux.de/publikation/id/8958/fuer-eine-demokratisierung-von-lehre-und-forschung/

Hochschulen stecken in der Krise, bedingt durch neoliberale Reformen, aber auch aufgrund der eigentlich wünschenswerten akademischen Ausbildung von immer größeren Bevölkerungsteilen. Lehre, Beschäftigungsbedingungen und interne Strukturen bedürfen im Zuge dieser Bildungsexpansion dringend einer Veränderung: Sie müssen sozial gerechter und demokratischer werden. An vielen Stellen artikuliert sich immer hörbarer die Kritik. Diese Impulse gilt es aufzunehmen, um eine linke Offensive der Hochschulpolitik anzustoßen. Im Folgenden soll skizziert werden, dass für eine solche Offensive bereits im Hier und Jetzt Handlungsoptionen bestehen, die dann auch zu grundlegenden Transformationen beitragen können.

 

Ullrich, Peter. 2019. „In Itself, But Not Yet For Itself – Organising the New Academic Precariat“. In The Radical Left in Europe. Rediscovering Hope. Transform! Yearbook 2019, herausgegeben von Walter Baier, Eric Canepa, und Haris Golemis, 155–66. London: Merlin Press. https://depositonce.tu-berlin.de/bitstream/11303/9514/3/ullrich_peter_2019.pdf.

Die Beschäftigungsbedingungen von Wissenschaftler*innen im akademischen Mittelbau i.w.S. sind geprägt durch einen extremen, politisch inszenierten Wettbewerb auf Quasi-Märkten einerseits (‚akademischer Kapitalismus‘) bei gleichzeitigem Weiterbestehen ‚feudaler‘, also stark personaler Abhängigkeiten von den ihre kleinen Fürstentümer verwaltenden Professor*innen. Während über die Problemexistenz zumindest weitgehend Einigkeit besteht, sind die Ansätze kollektiver Interessensartikulation schwach und fragmentiert. Der Aufsatz analysiert daher die Handlungsbedingungen und insbesondere die Handlungsrestriktionen, mithin die strukturellen Hindernisse für kollektive Interessensartikulation und Mobilisierungserfolge, wie den geringen Organisierungsgrad, die Flüchtigkeit der Arenen des Konfliktaustrags oder die selbstunternehmerischen Subjektivitäten u.v.m.

 

Simon Pschorr. 2019, Video-Vortrag zum Wissenschaftszeitvertragsgesetz (WissZeitVG) bei Mittelbau-Initiative Konstanz (https://www.youtube.com/watch?v=1T64BMo5OXc&t=13s)

„Welche Regelungen beinhaltet das WissZeitVG? Wie oft kann befristet werden? Kann ich mir Elternzeiten anrechnen lassen?“ – Diese und noch mehr Fragen, die uns bei diesem Thema unter den Nägeln brennen, sollen im Rahmen dieses Vortrags juristisch beantwortet werden. Richter Simon Pschorr, der u. a. zu Befristung im Arbeitsrecht und zur Dissertation im Arbeitsverhältnis publiziert hat sowie §53 Hochschulrahmengesetz kommentiert (Geis (Hrsg.), Hochschulrecht in Bund und Ländern), präsentiert Grundlegendes zur vertraglichen Gestaltung universitärer Arbeitsverhältnisse sowie die Spezifika des WissZeitVG.

 

4 HOW TO ORGANISE

 

Insgesamt sind die Organisierungsansätze der Mittelbauinitiativen aufgrund der schwierigen Bedingungen sehr heterogen – deswegen an dieser Stelle noch einige beispielhafte Links.

Ein gutes Beispiel für eine gut geplante und erfolgreiche Kampagne gegen Befristung schildert hier die Initiative Universität Kassel unbefristet.

Viele Initiativen machen konkrete Projekte, über Listen in den universitären Gremien wie die Mittelbauini der TU Berlin, und treiben dort Dinge voran, beispielsweise einen Kodex für gute Arbeit wie die Mittelbauini Dresden.

Andere im Netzwerk sind gleich ganz grundsätzlich und gründen – aufgrund des Sonderstatus ihrer Einrichtung, die als Betrieb tariffähig ist – gleich eine Basisgewerkschaften neuen Typs. Mehr dazu beim unter_bau von der Goethe-Universität Frankfurt.

Viele Mitgliedsinitiativen von NGAWiss engagieren sich im Kontext von Fachgesellschaften. Beispielhaft sei hier auf zwei Selbstdarstellungen der Arbeit und die strategischen Überlegungen bei den Soziolog*innen (Text) und in der Wissenschafts-, Technik- und Medizingeschichte (im GWMT-Neswletter 1-2019) verwiesen. Ein Aufsatz in der Zeitschrift Soziologie gibt einen Überblick über diese fachbezogenen Aktivitäten (Soziologie, 4-2016). Als Resultat haben sich beispielsweise verschiedenen Fachgesellschaften mit Forderungen oder Selbstverpflichtungen zur Verbesserung der Lage des sogenannten Nachwuchses geäußert (bspw. die Deutsche Gesellschaft für Soziologie, die Gesellschaft für Technikgeschichte, die Gesellschaft für Medienwissenschaft), sicherlich eine der Voraussetzungen dafür, dass auch große Fachverbände wie der Verband der Historiker und Historikerinnen Deutschlands Kampagnen in der Wissenschaftspolitik unterstützten.