27 Mar Presseerklärung zum Kabinettsbeschluss WissZeitVG 27.3.2024
BMBF-Entwurf des WissZeitVG heute vom Kabinett verabschiedet: Gestaltung von Personalstrukturen an deutschen Hochschulen liegt in den Händen des Parlaments
Nach langer Untätigkeit hat das Bundeskabinett heute seinen Gesetzentwurf zur Novellierung des WissZeitVG ins parlamentarische Verfahren geschickt. Sollte der Entwurf in dieser Form verabschiedet werden, weigert sich das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF), sein bestes Werkzeug für eine konsequente Reform der Personalstrukturen in der Wissenschaft zu nutzen und gefährdet damit qualitativ hochwertige Forschung und Lehre zugunsten eines Fahrens auf Verschleiß.
Trotz großer Einigkeit über die Reformbedürftigkeit der Personalstrukturen und aller Lippenbekenntnisse des Koalitionsvertrages ist das Gesetz in der verabschiedeten Form nicht geeignet, die durch das Gesetz erst ermöglichten überbordenden Befristungen ausreichend zu reglementieren. Die minimalen Änderungen, die im verabschiedeten BMBF-Entwurf vorgeschlagen werden, sind im besten Fall wirkungslos. Im schlimmsten Fall verschärfen sie die Situation, da die vorgeschlagene 4+2 Regelung für PostDocs ein schlechter Kompromiss ist: Der Minimalversuch einer Gestaltung der PostDoc-Phase wird mit den Forderungen der Hochschulen und Wissenschaftsorganisationen nach weitgehender Flexibilität verbunden. Ersterer wird dabei jedoch ad absurdum geführt. Diese Regelung führt die Laissez-Faire-Maxime einer Beschäftigung fort, in der sich die Wissenschaftler:innen Zeit für die eigene Qualifikation erkämpfen müssen, ohne entsprechende Rahmenbedingungen zu finden.
Nötig ist eine Gesetzesreform, die Befristung effektiv in engen Grenzen hält, statt sie weiterhin umfassend zu ermöglichen. An der ausufernden Befristungspraxis wird sich mit der 4+2-Regelung nichts ändern. Die Anschlusszusage kommt hier zu spät, um überhaupt greifen zu können und wird von den Hochschulen und Wissenschaftseinrichtungen dann auch nicht angewendet werden, da weiterhin unbegrenzte Befristungsoptionen über Drittmittel zur Verfügung stehen.
Die geplante Regelung verfehlt den europäischen Referenzrahmen für wissenschaftliche Karrieren in den Stufen R2 („Recognized Researcher“ – kurze Phase für noch nicht vollständig unabhängige PostDocs) und R3 („Established Researcher“ – etwas längere Phase wissenschaftlich unabhängige PostDocs). Sie passt zynischerweise nicht einmal zum von der Hochschulrektorenkonferenz bereits 2014 verabschiedeten „Orientierungsrahmen“, in dem eine erste PostDoc-Phase „nicht wesentlich mehr als 3 Jahre umfassen“ soll. Nicht zuletzt widerspricht sie der Empfehlungen der Expertenkommission Forschung und Innovation (EFI), die die Einrichtung international anschlussfähiger Stellen im Mittelbau empfiehlt.
Es liegt nun also am Parlament, eine bessere Lösung zu erarbeiten. Mit dem WissZeitVG ermöglicht der Gesetzgeber Befristungen und trägt daher die Verantwortung für eine sinnvolle Ausgestaltung. Unterlässt er letzteres, bleibt nur noch ein Herumdoktern an Symptomen im Rahmen zusätzlicher Programme. Unbefristete Beschäftigung und eine Professionalisierung des wissenschaftlichen Personals nach der Promotion muss vom Ausnahmefall zur Regel werden.