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Leseempfehlungen

Selected Readings – Schlüsseltexte zum ‚akademischen Kapitalismus‘ und prekärer Beschäftigung, kommentiert und geordnet nach: Daten und Fakten (1), Analysen (2), politisch-strategische Grundlagen (3) und konkrete Organisierung des Mittelbaus (4).

1 DATEN UND FAKTEN

 

Konsortium Bundesbericht Wissenschaftlicher Nachwuchs, Hrsg. 2017. Bundesbericht Wissenschaftlicher Nachwuchs 2017. Statistische Daten und Forschungsbefunde zu Promovierenden und Promovierten in Deutschland. Bielefeld: W. Bertelsmann, https://www.bmbf.de/files/buwin_2017.pdf.

 

Die alle paar Jahre erscheinende Übersicht versammelt wichtige Zahlen und Fakten zur Beschäftigungssituation, u.a. die berühmten 93% Befristungsquote bei unter 45-jährigen.

Ergänzend dazu weitere Publikationen zu spezifischen Aspekten:

 

Jongmanns, G. 2011. Evaluation des Wissenschaftszeitvertragsgesetzes (WissZeitVG). Gesetzesevaluation im Auftrag des Bundesministeriums für Bildung und Forschung. Hochschul-Informations-System, Forum Hochschule, 4. http://www.dzhw.eu/pdf/pub_fh/fh-201104.pdf.

Gross, C., Urbanski, D., & Schoger, L. 2016. Karrierewege und -perspektiven von promovierten Nachwuchswissenschaftlerinnen und -wissenschaftlern. Studien im Rahmen des Bundesberichts Wissenschaftlicher Nachwuchs, Begleitstudie B5. http://www.buwin.de/downloads/begleitstudien/studieb5_buwin.pdf/download

Winterhager, N., Birner, N., Bogenstahl, C., & Krabel, S. 2017. Bestand, Arbeits- und Beschäftigungsbedingungen des wissenschaftlichen Nachwuchses in der Promotionsphase. Studien im Rahmen des Bundesberichts Wissenschaftlicher Nachwuchs (BuWiN), Begleitstudie B1. www.buwin.de/downloads/begleitstudien/studie-b1_buwin.pdf/download

Kreckel, Reinhard. 2016. Zur Lage des wissenschaftlichen Nachwuchses an Universitäten Deutschland im Vergleich mit Frankreich, England, den USA und Österreich. Beiträge zur Hochschulforschung 38(1-2), 12-40, www.bzh.bayern.de/uploads/media/1-2-2016-Kreckel.pdf

 

In einem Vergleich der deutschen Universitäten mit Frankreich, England und den USA wird gezeigt, dass Deutschland sich hinsichtlich der Lage des Hochschullehrernachwuchses heute auf einem ausgesprochenen Sonderweg befindet. Die starke Beharrungstendenz der universitären Karrierestruktur in Deutschland wird auf ein eigentüm­liches implizites „System von aufeinander bezogenen Denk- und Zugzwängen“ zurück geführt. Dessen vier Eckpfeiler sind die Habilitation, das Hausberufungsverbot, das Lehrstuhl- und Fachvertretungsprinzip sowie das Konstrukt der Qualifikationsstelle. Aus dem Text stammt die berühmte Kreckel-Grafik, die das Missverhältnis befristeter und unbefristeter Stellen in aller Deutlichkeit abbildet

Winterhager, Nicolas; Birner, Nadine;Krabel, Stefan; Mozhova, Anastasua; Shajek,  Alexandra; Breitbach, Michael; Lüthje, Jürgen. 2018. Untersuchung der Auswirkungen des Hochschulpakts 2020. Abschlussbericht/Kurzfassung: https://www.iit-berlin.de/de/publikationen/untersuchung-der-auswirkungen-des-hochschulpakts-2020 

 

“Im Auftrag des Bundesministeriums für Bildung und Forschung wurden die Wirkungen der ersten beiden Programmphasen des Hochschulpaktes (HSP) 2020 untersucht. Im Abschlussbericht wird […] die Zielerreichung des Programms in den Bereichen Studienanfänger/innen und Studierende, Zulassungsbeschränkungen von Studiengängen, Hochschulpersonal und Finanzierung von Hochschulen überprüft.“ So wird auf der Basis statistischer Daten festgestellt, dass seit der Einführung des HSP die Anzahl von Studienfänger*innen erhöht wurde (S. 4). Weitere wichtige Ergebnisse sind allerdings, dass trotz des Hochschulpaktes die Studierendenzahlen im Verhältnis zum wissenschaftlichen Personal steigen (S. 5) und beim Blick auf die inflationsbedingt preisbereinigten Gelder, die den Universität und Fachhochschulen zur Verfügunge stehen, die HSP-Mittel lediglich den Wertverlust des Geldes abfedern, jedoch keine Mehrinvestitionen darstellen (S. 13).

 

2 ANALYSEN

 

Christoph Bauer, Oliver Brüchert, Simon Burkhardt, Corina Färber, Juliane Hammermeister, Emanuel Kapfinger, Thomas Sablowski, Nils Schlesinger (Hrsg.), 2010. Hochschule im Neoliberalismus. Kritik der Lehre und des Studiums aus Sicht Frankfurter Studierender und Lehrender, https://ffmdieunibrennt.files.wordpress.com/2012/08/reader_hochschuleimneoliberalismus.pdf 

 

Sammelband von Studierenden und Lehrenden aus Frankfurt/Main aus dem Bildungsstreik 2009 mit kritischem Blick auf die Bologna-Reformen.

Münch, Richard. 2011. Akademischer Kapitalismus. Zur politischen Ökonomie der Hochschulreform. Edition Suhrkamp 2633. Berlin: Suhrkamp.

 

Der Bildungsstreik und die Hörsaalbesetzungen im Jahr 2009 haben gezeigt, daß der Widerstand gegen Studiengebühren und die Bologna-Reform sich immer weiter aufheizt. Die Studierenden klagen über zunehmenden Streß, maßgebliche Ziele der Reform wurden verfehlt. Richard Münch, einer der renommiertesten Kritiker dieser Entwicklung, untersucht in seiner brisanten neuen Studie die Kräfte hinter dem neuen akademischen Kapitalismus. Er legt dar, wie sich die Hochschulen unter dem Einfluß von Beratungsfirmen in Unternehmen verwandeln und wie kurzfristige Nutzenerwartungen das Innovationspotential der Forschung untergraben.

Stephanie Simon, Julian Sehmer, 2020, „WeristJens*?“. Forschungsprojekt zu Arbeits- und Lebenssituationen von Wissenschaftler*innen jenseits von unbefristeten Professuren in der Erziehungswissenschaft von berufsbiographischen  Perspektiven ausgehend.

https://www.ites-werkstatt.de/weristjens/

 

Für das Forschungsprojekt „WeristJens*?“ werden die Arbeits- und Lebenssituationen von Wissenschaftler*innen jenseits von unbefristeten Professuren in der Erziehungswissenschaft und mögliche Auswirkungen eines wettbewerbsorientierten Wissenschaftssystems auf die inhaltliche Ausgestaltung der Erziehungswissenschaft untersucht. Damit schafft die Studie eine Grundlage, um über die Anforderungen und Veränderungen des Wissenschaftsbetriebs einer sich kritisch verstehenden Erziehungswissenschaft diskutieren zu können.

Demirović, Alex. 2015. Wissenschaft oder Dummheit? Über die Zerstörung der Rationalität in den Bildungsinstitutionen. Hamburg: VSA-Verlag.

 

Verschiedene Aufsätze mit klugen Analysen zur Post-Bologna-Universität und der Möglichkeit kritischer Wissenschaft darin. Faszinierend u.a. die Beschreibung des pädagogischen Krieges zwischen  Lehrenden und Studierenden um das Durchkommen bei den vielen Anforderungen der Dauerprüfungssituation in Bachelor/Master.

Möller, Christina. 2015. Herkunft zählt (fast) immer. Soziale Ungleichheiten unter Universitätsprofessorinnen und -professoren. Weinheim/Basel: Beltz Verlag. 

 

Klappentext: „Inhalt der vorliegenden Studie ist eine differenzierte Analyse der sozialen Herkunft von Universitätsprofessorinnen und -professoren. Die Daten dokumentieren Entwicklungen der vergangenen 50 Jahre sowie Unterschiede nach Geschlecht, Fächergruppen und dem Status der Professur. Dass Bildungserfolge und Karrieren in Deutschland erheblich von der sozialen Herkunft abhängen, ist ein vielfach belegtes Phänomen. Doch wie sieht es an der Spitze der wissenschaftlichen Karriere an Universitäten aus? Die Studie skizziert mit Rekurs auf die Theorien Pierre Bourdieus, wie sich Professorinnen und Professoren nach sozialer Herkunft zusammensetzen und welche Entwicklungen sich in den vergangenen 50 Jahren abzeichnen. Dokumentiert wird zudem, wie sich die soziale Herkunft nach Geschlecht, Fächergruppe und dem Status der Professur ausdifferenziert. Dabei zeigt sich, dass der Möglichkeitsraum für soziale Aufstiege zur Professur enger geworden ist und insbesondere vom Fach abhängt.“

Rogge, Jan-Christoph. 2015. „Soziale Bedingungen und Effekte der quantitativen Leistungsmessung“. Soziale Welt 66 (2): 205–14. https://doi.org/10.5771/0038-6073-2015-2-205.

 

Über Auswirkungen der quantitativen Leistungsmessung (Impact Factor etc.) auf den sogenannten Nachwuchs: Wissenschaft wird mehr und mehr zum „Karrierejob“. Insbesondere die Aufstiegsorientierten verfpügen über spezifische Erfolgsmaxmierungsstrategienwie kaskadische Einreichungspraxis und kleinste publizierbare Einheit. Das Fortkommen ist von der beruflichen Förderung durch Mentor*innen abhängig.

Rogge, Jan-Christoph. 2015. „The winner takes it all? Die Zukunftsperspektiven des wissenschaftlichen Mittelbaus auf dem akademischen Quasi-Markt“. KZfSS Kölner Zeitschrift für Soziologie und Sozialpsychologie 67 (4): 685–707. https://doi.org/10.1007/s11577-015-0341-6.

 

Es wird argumentiert, dass der Staat über die Simulation von Markteffekten und sein Nachfragemonopol auf dem wissenschaftlichen Quasi-Markt die Konzentration von Gewinnen und das Überangebot an Akteuren, die um diese Gewinne konkurrieren, wissenschaftspolitisch induziert und verschärft hat. Wer hier durchhalten will, ist oft abhängig von materieller Unterstützung durch Familie oder von akademischen Förderern.

Ohm, Britta. 2016. „Exzellente Entqualifizierung. Das neue akademische Prekariat“. Blätter für deutsche und internationale Politik, Nr. 8: 109–20. Link deutsch und englisch.

 

Weithin rezipierte subjektive Offenlegung und Analyse, die argumentiert, dass der international ausgerichteten Exzellenz- und Befristungs-Politik an deutschen Hochschulen das Hartz IV-System der Sozialhilfe auch für Hochqualifizierte eingepreist ist und dass die Wieder-Ausweisung angeworbener nicht-deutscher Wissenschaftler_innen in Kauf genommen wird.

Reitz, Tilman. 2016. „Von der Kritik zur Konkurrenz. Die Umstrukturierung wissenschaftlicher Konflikte und ihre Wissenseffekte“. sub\urban. zeitschrift für kritische stadtforschung 4 (2/3): 37–58, http://zeitschrift-suburban.de/sys/index.php/suburban/article/view/249.

 

Da Wissenschaft Meinungsverschiedenheiten impliziert, müssen die Beteiligten Wege finden, Auseinandersetzungen zu führen und zu gestalten. Der vorliegende Beitrag soll zeigen, dass dabei lange Zeit die Form wechselseitiger Kritik vorherrschte, inzwischen aber zunehmend das Prinzip organisierter Konkurrenz dominiert. Kritik wird tendenziell zum bloßen Mittel für Wettbewerbserfolg herabgestuft. Kritik verliert in der Wissenschaft nicht zufällig an Bedeutung, vielmehr wird in vielen (anti-)mikropolitischen Prozessen ihr Störungspotenzial eingehegt.

Keil, Maria. 2019. „Zur Reproduktion sozialer Ungleichheit im Feld der Wissenschaft“. Berliner Journal für Soziologie, 1–22. https://doi.org/10.1007/s11609-019-00379-1.

 

Der Beitrag widmet sich der sozialen Ungleichheit in der Wissenschaft und diskutiert, inwieweit die jüngsten strukturellen Entwicklungen zu einer höheren sozialen Geschlossenheit führen. Es wird argumentiert, dass einerseits informelle Rekrutierungsmechanismen die Bedeutung habitueller und kultureller Passungsfähigkeit erhöhen sowie andererseits der politisch initiierte Wettbewerb und die Zunahme befristeter, unsicherer (Teilzeit-)Beschäftigungen in der Wissenschaft die Abhängigkeit einer wissenschaftlichen Laufbahn von der sozialen Herkunft verstärken. Diese Entwicklung vollzieht sich quantitativ über eine verschärfte Konkurrenzsituation des sog. wissenschaftlichen Nachwuchses und qualitativ über prekäre Arbeitsbedingungen und unzureichende Karriereaussichten.

 

2.1 WISSENSCHAFT INTERSEKTIONAL

 

Schürmann, Ramona. 2017. “Karrierewunsch trifft Realität. Aufstiegslogiken von Frauen und Männern im akademischen Wissenschaftssystem”. In: Berliner Debatte Initial, 28 Jg., Nr. 1, S. 133-145

 

Promovierte Wissenschaftlerinnen sind mit 87 % noch wesentlich öfter als promovierte Wissenschaftler (78 %) befristet beschäftigt. Eine Elternschaft akzentuiert diese geschlechtliche Ungleichstellung. Wissenschaftler sind häufiger Teil eines Doppelverdiener-Paares, während Wissenschaftlerinnen häufiger Teil eines Doppelkarriere-Paares sind. Damit sind sie wesentlich größeren Herausforderungen an Aushandlungsprozesse innerhalb der Partnerschaft ausgesetzt. Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler, für die keine traditionelle Arbeitsteilung in Frage kommt, bleiben hingegen häufiger kinderlos.

Hark, Sabine, und Johanna Hofbauer, Hrsg. 2018. Vermessene Räume, gespannte Beziehungen: unternehmerische Universitäten und Geschlechterdynamiken. Berlin: Suhrkamp.

 

Klappentext: Quantifizierende Verfahren versprechen Transparenz, objektive Beurteilungsmöglichkeiten und mehr Entscheidungsqualität. Nach ihrem Siegeszug in Amerika haben sie mittlerweile auch universitäre Regierungstechniken und akademische Wahrheitspolitiken in Europa umgestaltet und »unternehmerische Universitäten« hervorgebracht. Der Band untersucht die Bedeutung dieser Veränderungen für die Geschlechterdynamiken an Hochschulen, für Karriereverläufe von Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern, für Gleichstellungspolitiken und die Gender Studies und fragt, wie diese selbst in jene Dynamiken eingebunden sind.

Laufenberg, Mike, Martina Erlemann, Maria Norkus, und Grit Petschick, Hrsg. 2018. Prekäre Gleichstellung Geschlechtergerechtigkeit, soziale Ungleichheit und unsichere Arbeitsverhältnisse in der Wissenschaft. Wiesbaden: Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH.

 

Der Band beleuchtet die Wechselbeziehungen zwischen Gleichstellungspolitiken, strukturellen Diskriminierungsformen und prekären Arbeitsverhältnissen in der neoliberalen Hochschule. Im Fokus stehen Benachteiligungen nach Geschlecht, Nationalität und sozialer Herkunft.

Schmid, Antonia, und Peter Ullrich. 2018. „Publish and Perish. Publikationszwänge, selbstunternehmerische Wissenschaftssubjekte und Geschlecht“. In Chimära mensura? Die Human-Animal Studies zwischen Schäferhund-Science-Hoax, kritischer Geschichtswissenschaft und akademischem Trendsurfing, herausgegeben von Enrico Heitzer und Sven Schultze, 228–47. Berlin: Vergangenheitsverlag.

 

Eine Entscheidung steht Wissenschaftlerinnen in ungesicherter beruflicher Stellung innerhalb des Sets verfügbarer Publikationsstrategien nicht zu: nicht, beziehungsweise in Verweigerung der oberflächlichen akademischen Moden, nur wenig zu publizieren. Immer stärker gilt: publish or perish! Wird dieser kategorische Imperativ für Wissenschaftlerinnen empirisch reformuliert, lautet der Satz wohl realistischer: publish and perish, denn für den größten Teil der Aspirant*innen ist im deutschen akademischen System ohnehin kein Verbleib vorgesehen. Vom Selektionsdruck besonders getroffen werden, wie auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt, Frauen und darüber hinaus all diejenigen, deren Tätigkeitsschwerpunkte weiblich codiert sind, die also mehr Arbeitszeit auf die akademische Reproduktion statt auf die Produktion verwenden.

Vetesse, Troy. 2019: Sexism in the Academy. Women’s narrowing path to tenure, In: n+1, vol. 34, https://nplusonemag.com/issue-34/essays/sexism-in-the-academy/

 

Sehr umfassender Artikel zur patriarchalen Grundstruktur und sexistischen Logiken im westlichen Wissenschaftsbetrieb.

 

3 HANDLUNGSBEDINGUNGEN, STRATEGIEN, KONZEPTE

 

Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft. 2010. „Templiner Manifest. Traumjob Wissenschaft. Für eine Reform der Personalstruktur und Berufswegen in Hochschule und Forschung“. http://www.gew.de/wissenschaft/templiner-manifest/templiner-manifest-text/.

 

Älter, aber immer noch relevant und ein ganz wichtiger Impuls für den Beginn der Debatte überhaupt: das Templiner Manifest der GEW.

Reitz, Tilman, und Peter Ullrich. 2016. „Für eine Demokratisierung von Lehre und Forschung. Diskussionsvorschlag für eine hochschulpolitische Offensive der Linken“. Herausgegeben von Rosa Luxemburg Stiftung. Standpunkte, Nr. 13: 4, https://www.rosalux.de/fileadmin/rls_uploads/pdfs/Standpunkte/Standpunkte_13-2016.pdf.

 

Hochschulen stecken in der Krise, bedingt durch neoliberale Reformen, aber auch aufgrund der eigentlich wünschenswerten akademischen Ausbildung von immer größeren Bevölkerungsteilen. Lehre, Beschäftigungsbedingungen und interne Strukturen bedürfen im Zuge dieser Bildungsexpansion dringend einer Veränderung: Sie müssen sozial gerechter und demokratischer werden. An vielen Stellen artikuliert sich immer hörbarer die Kritik. Diese Impulse gilt es aufzunehmen, um eine linke Offensive der Hochschulpolitik anzustoßen. Im Folgenden soll skizziert werden, dass für eine solche Offensive bereits im Hier und Jetzt Handlungsoptionen bestehen, die dann auch zu grundlegenden Transformationen beitragen können.

Ullrich, Peter. 2019. „In Itself, But Not Yet For Itself – Organising the New Academic Precariat“. In The Radical Left in Europe. Rediscovering Hope. Transform! Yearbook 2019, herausgegeben von Walter Baier, Eric Canepa, und Haris Golemis, 155–66. London: Merlin Press. https://depositonce.tu-berlin.de/bitstream/11303/9514/3/ullrich_peter_2019.pdf.

 

Die Beschäftigungsbedingungen von Wissenschaftler*innen im akademischen Mittelbau i.w.S. sind geprägt durch einen extremen, politisch inszenierten Wettbewerb auf Quasi-Märkten einerseits (‚akademischer Kapitalismus‘) bei gleichzeitigem Weiterbestehen ‚feudaler‘, also stark personaler Abhängigkeiten von den ihre kleinen Fürstentümer verwaltenden Professor*innen. Während über die Problemexistenz zumindest weitgehend Einigkeit besteht, sind die Ansätze kollektiver Interessensartikulation schwach und fragmentiert. Der Aufsatz analysiert daher die Handlungsbedingungen und insbesondere die Handlungsrestriktionen, mithin die strukturellen Hindernisse für kollektive Interessensartikulation und Mobilisierungserfolge, wie den geringen Organisierungsgrad, die Flüchtigkeit der Arenen des Konfliktaustrags oder die selbstunternehmerischen Subjektivitäten u.v.m.

 

4 HOW TO ORGANISE

Insgesamt sind die Organisierungsansätze der Mittelbauinitiativen aufgrund der schwierigen Bedingungen sehr heterogen – deswegen an dieser Stelle noch einige beispielhafte Links.

 

Ein gutes Beispiel für eine gut geplante und erfolgreiche Kampagne gegen Befristung schildert hier die Initiative Universität Kassel unbefristet.

 

Viele Initiativen machen konkrete Projekte, über Listen in den universitären Gremien wie die Mittelbauini der TU Berlin, und treiben dort Dinge voran, beispielsweise einen Kodex für gute Arbeit wie die Mittelbauini Dresden.

 

Andere im Netzwerk sind gleich ganz grundsätzlich und gründen – aufgrund des Sonderstatus ihrer Einrichtung, die als Betrieb tariffähig ist – gleich eine Basisgewerkschaften neuen Typs. Mehr dazu beim unter_bau von der Goethe-Universität Frankfurt.

 

Viele Mitgliedsinitiativen von NGAWiss engagieren sich im Kontext von Fachgesellschaften. Beispielhaft sei hier auf zwei Selbstdarstellungen der Arbeit und die strategischen Überlegungen bei den Soziolog*innen (Text) und in der Wissenschafts-, Technik- und Medizingeschichte (im GWMT-Neswletter 1-2019) verwiesen. Ein Aufsatz in der Zeitschrift Soziologie gibt einen Überblick über diese fachbezogenen Aktivitäten (Soziologie, 4-2016). Als Resultat haben sich beispielsweise verschiedenen Fachgesellschaften mit Forderungen oder Selbstverpflichtungen zur Verbesserung der Lage des sogenannten Nachwuchses geäußert (bspw. die Deutsche Gesellschaft für Soziologie, die Gesellschaft für TechnikgeschichteDie Gesellschaft für Medienwissenschaft), sicherlich eine der Voraussetzungen dafür, dass auch große Fachverbände wie der Verband der Historiker und Historikerinnen Deutschlands Kampagnen für gute Arbeit wie „Frist ist Frust“ unterstützten.